Portrait Kathrin Demler

"Der weibliche Körper wird leider nicht thematisiert" – Interview mit Leistungsschwimmerin Kathrin Demler

Im Interview mit Kathrin Demler, erzählt uns die Leistungsschwimmerin über ihre Erfahrungen mit der Periode. Seit etwa 20 Jahren schwimmt sie schon und ist Teil des Deutschen Teams.

Die EM-Finalistin Kathrin Demler erzählt uns über ihre Erfahrungen mit der Periode im Leitungssport. Seit etwa 20 Jahren schwimmt sie schon und ist Teil des Deutschen Teams. Sie ist siebenfache Deutsche Meisterin in 2021. Nach einer knapp verpassten Olympia Qualifikation, versucht sie, das Positive zu sehen, wie zum Beispiel "meine allererste Nominierung für eine offene Europameisterschaft". Wir haben sie interviewt um mehr über das Thema Leistungsport und Periode zu erfahren. 

Seit wann schwimmst du?

Kathrin: Mit 6 Jahren habe ich mit dem Schwimmen im Verein angefangen...erstmal Seepferdchen natürlich (lach). Ich habe generell echt super viele Sportarten ausprobiert und mir hat alles nicht so gefallen und dann habe ich schwimmen versucht und bin dabei geblieben. Ich bin erstmal in einem kleinen Verein zum Schwimmtraining in Bottrop und dann nach 3-4 Jahren bin ich mit einer Freundin nach Essen zum Stützpunkt gekommen. Dort finden die offiziellen Probetrainings statt. Es werden Tests gemacht und man schwimmt gegen andere. Danach wird dann entschieden, ob man es geschafft hat oder ob man wieder zurück zu seinem Verein geht. Vor Ort ist auch eine Sportschule bzw. ein Internat, die dann mit dem Stützpunkt kooperiert. In der 7. Klasse bin ich dann also zum Leistungssport gekommen.

Schwimmt ihr dann in gemischten Gruppen oder seid ihr nach biologischem Geschlecht getrennt?

Kathrin: Erstmal gemischt und dann gibt es Jugendgruppen (JTM Jahrgängen). Man trainiert unabhängig von Alter und Geschlecht, da wir Frauen schon früher leistungsfähiger sind als die Männer. Die Jungs sind also meistens 2-3 Jahre älter.

Wann hast du deine erste Periode bekommen?

Kathrin: Ich weiß es nicht mehr ganz genau...es war ein bisschen später, glaube ich und es war während eines Wettkampfs. Meine Mama hat mir davor zwar erklärt, wie man Tampons benutzt, aber ich habe es bei der "Probe" quasi nicht hinbekommen und während des Wettkampfs musste ich es halt dann schaffen. Etwas anderes blieb mir ja auch gar nicht übrig. Ich bin dann mit einer Freundin auf die Toilette und dann hat es zum Glück geklappt und ich konnte den Wettkampf antreten.

Hattest du das Gefühl, dass du offen über deine Periode sprechen konntest? oder hattest du eine Bezugsperson?

Kathrin: Eher alleine habe ich mich gefühlt. Man hat dann mit einer Freundin darüber gesprochen, aber sonst mit niemandem. Ich habe es nicht einmal erwähnt, wenn ich meine Tage habe, schon gar nicht vor meinem Trainer. Da war das Schamgefühl schon eher groß. Manchmal hat es auch genervt, wenn die Jungs einen blöden Spruch gedrückt haben wie "Komm doch mal auf deine Emotionen klar und sei nicht so zickig oder hast du etwas wieder deine Tage?" Also wurde das Emotionale immer direkt stereotypisiert. Das nervt einfach.

"Für den Sport passt man sich an, damit es leicht ist"

– Kathrin Demler

Und wie ist das dann beim Wettkampf?

Kathrin: Mich hat noch nie jemand gefragt, wann, geschweige denn ob ich meine Periode habe. Es wird sehr wenig darüber geredet. Die Mehrzahl der Bundestrainer*innen sind Männer. Ich weiß nicht, ob das denen nicht bewusst oder egal ist. Mit 27 hat mich ein Trainer mal gefragt, was mit meiner Leistung ist und ich das erste Mal ohne Scham über meine Periode sprechen konnte. Wir als Sportler*innen bekommen sehr früh beigebracht, alles wegzustecken….hart zu sein…durchzuziehen…nicht aufzugeben...man möchte nicht, dass es als Ausrede rüberkommt, wenn man während seiner Periode eine schlechtere Performance hat. Es wäre einfach schön, wenn es als Faktor mit einbezogen wird und dann nicht alle direkt sagen "Ja, ja, so eine Ausrede hätte ich auch gerne!" Als ob die Periode und alles, was da passiert, je eine Ausrede für uns Frauen war?

Hast du schon mal von Cycle Based Training gehört?

Kathrin: Ja, aber in meinem Verein gibt es das gar nicht. Ich habe erst kürzlich erfahren, dass es überhaupt unterschiedliche Leistungsphasen im Zyklus gibt und man danach auch trainieren kann. Ich kenne eine Schwimmerin, die das macht: Angelina Köhler. Aber sie musste das selbstständig machen und für sich selbst rausfinden. Sie ist 2024 Weltmeisterin in Katar geworden! Also WOW! Der Trainer war dafür offen, es zu probieren und es hat ja ganz gut geklappt (lach). Sie trainiert beim SG Neukölln Berlin.

Was sind deine Erfahrungen mit Periode und Sport?

Kathrin: Generell ist es schon krass, dass es fast nur männliche Bundestrainer gibt. Bei den U16 muss eine weibliche Begleitperson dabei sein und es ist teilweise echt schwer, welche für die Betreuung zu finden. Was mich auch zum Nachdenken bringt ist, dass kein Trainer ein psychologisches Screening, Gutachten oder eine pädagogische Ausbildung vorweisen muss. Trainer sind ja wie Erziehungspersonen, mit denen wachsen wir auf, das sind Bezugspersonen für uns. Leider gibt es immer wieder unschöne Erfahrungen darüber wird so gut wie gar nicht gesprochen. Hin und wieder wird in den Medien ein Fall kurz gezeigt, großes Aufschreien, Empörung, Schock, aber ändern wird sich trotzdem nichts. Ein Satz ist mir noch im Gedächtnis: "Ich bin einfach ein bisschen Touchy, aber so bin ich einfach!" WTF? Der weibliche Körper wird leider überhauptnicht richtig thematisiert.

In welchen Momenten fühlst du dich empowered?

Kathrin: Ich fühle mich empowered nach einem harte Set, wo ich weiß ich habs geschafft! Wie weit kann ich kommen und wie stark mein Kopf ist! Wenn ich meine eigene Grenze setzte, dann fühle ich mich gut! Meine lieblingsnägel am Wettkampf...die kleinen Dinge...

Hast du schon mal von dem Begriff Amenorrhoe gehört?

Kathrin: Nein, habe ich noch nicht! Ich habe nur schon ein paar Mal von Mädels gehört, dass sie schon länger ihre Periode nicht mehr bekommen, ohne dass sie schwanger sind oder stillen etc. Man denkt sich schon kurz, ist doch ganz nice. Mir wurde auch mal gesagt, nimm doch die Pille einfach durch, dann bekommst du deine Tage nicht mehr. Die Frage, wie gesund Hochleistungssport für den Körper ist, stellt man sich natürlich auch! Viele werden auch übertrainiert und das von klein auf…der weibliche Körper entwickelt sich dann gar nicht richtig erst richtig. 

Welche Wünsche hast du für den Leistungssport?

Kathrin: Größere Offenheit! Schamgefühl genommen wird und dass man den weiblichen vom männloiche differenzierter betrachtet und das nichts mit schwäche zu tun hat, sondern menschlich ist! Es ist Fakt und keine Schwäche! 

Hast du einen Tipp an jüngere Schwimmerinnen?

Kathrin: Scheu dich nicht, ältere nach Hilfe zu fragen! Wir haben ja keine extra Bezugsperson leider. In der Community stärke finden!

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The Female Company

No Taboos.

Wir sind Anni & Sinja, Gründerinnen von The Female Company. Wir haben keine Lust mehr auf Tabus - oder schädliche Stoffe in unseren Produkten. Du auch nicht?